Diagnosekrimi

VW Touran: Hartnäckiges Ruckeln

Diagnosekrimi
07.05.2024

Der Motor eines VW Touran beginnt eines Tages bei einer bestimmten Drehzahl zu ruckeln. Der Defekt erweist sich als hartnäckig, obwohl die Kfz-Techniker mehrmals glauben, der Ursache auf der Spur zu sein.
Ein Defekt erweist sich als hartnäckig.
Ein Defekt erweist sich als hartnäckig,

Der in Wien angemeldete VW Touran ist 15 Jahre alt, wird von einem 105 PS starken 1,9 Liter Turbodieselmotor angetrieben und hat erst 130.000 Kilometer auf dem Tacho, als er beginnt, Mucken zu machen. Konkret beginnt der Motor bei einer Drehzahl zwischen 1500 und 2000 U/min zu ruckeln, allerdings nur, wenn ein höherer Gang eingelegt ist. Der Autobesitzer beschließt, eine Fachwerkstatt aufzusuchen, in der Hoffnung, dass diese das Problem rasch erkennt und beseitigt – ein Irrtum, wie sich herausstellt. Denn nun beginnt ein Diagnosekrimi, bei dem mehrere Kfz-Techniker zunächst falschen Fährten folgen, bis sie die Ursache des Defekts ausfindig machen. 

  • In der Fachwerkstatt wird der Touran an das Diagnosegerät angeschlossen, doch dieses zeigt keinen Fehler an.
  • Nun gehen die Kfz-Techniker nach Lehrbuch vor und beginnen mit dem Austausch diverser Komponenten, die ihrer Erfahrung nach an dem Ruckeln schuld sein könnten.
  • Zuerst wird das Zweimassenschwungrad getauscht – ohne Erfolg, das Ruckeln bleibt.
  • Dann wird der Turbolader erneuert – ebenfalls ohne Erfolg.
  • Schließlich tauscht man noch das AGR-Ventil aus, doch auch diese Maßnahme bringt nicht den gewünschten Effekt – der Touran ruckelt weiter.
  • Nun tippen die Kfz-Techniker auf das Automatikgetriebe und tauschen dieses probeweise gegen ein neues Ersatzgetriebe aus. Doch bei der Probefahrt ruckelt der Touran noch immer und erhält daraufhin sein altes Getriebe wieder zurück.
  • Da die Fachwerkstatt nun nicht mehr weiterweiß, übersiedelt der Touran in die freie Werkstatt „Auto Welt Technik“ in Wien Liesing. Geschäftsführer Sreten Colakovic, Spitzname „Schoko“, gilt als Diagnosespezialist für schwierige Fälle. Er nimmt sich der Sache an.
  • Auf einer Probefahrt mit den Onboard-Diagnosegeräten ODIS und VCDS beobachtet Schoko die angezeigten Werte und hofft, einen Hinweis auf den Fehler zu bekommen.
  • Zurück in der Werkstatt beginnt der Kfz-Techniker damit, den Motor zu zerlegen. Er vermutet die Ursache des Defektes zunächst im Ansaug-Trakt, doch dieser erweist sich als intakt.
  • Als er die Nockenwelle näher in Augenschein nimmt, fällt ihm auf, dass eine Nocke etwas stärkere Verschleißspuren zeigt als die anderen.
  • Der Diagnosetechniker überprüft daraufhin den Hydrostössel beim betroffenen Zylinder und bemerkt, dass sich dieser auffallend leicht bewegen lässt.
  • Beim Ausbau des Hydrostössels stellt er fest, dass die kleinere der beiden Ventilfedern gebrochen ist und ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen kann, das Ventil vollständig zu öffnen.
  • Mithilfe eines Druckverlustprüfgerätes setzt Schoko nun den Motor unter Druck, sodass die Ventile offenbleiben und die Ventilfeder getauscht werden kann, ohne den Zylinderkopf ausbauen zu müssen
  • Die Operation gelingt, die Feder wird erneuert, der Motor wieder zusammengebaut.
  • Bei der anschließenden Probefahrt tritt das Ruckeln nicht mehr auf – der Fall ist gelöst.

Erkenntnis

Der Verbrennungsmotor eines Pkw besteht je nach Modell aus bis zu 1.400 Einzelteilen. Die meisten davon sind vom Hersteller so dimensioniert, dass sie bis zum Ende der erwarteten Lebensspanne eines Motors keine Wartung benötigen oder gar getauscht werden müssen. Auch Ventilfedern und Hydrostössel sind grundsätzlich wartungsfreie Bauteile, vorausgesetzt, dass die vorgeschriebenen Wechselintervalle von Motoröl und Ölfilter wirklich eingehalten werden. An den in der Werkstattpraxis eher selten auftretenden Defekten dieser Bauteile können aber auch eine Materialermüdung oder ein Produktionsfehler schuld sein. Ebenso können sich sehr hohe Drehzahlen oder die Verwendung eines minderwertigen Motoröls negativ auf die Lebensdauer der kleinen Bauteile auswirken. Hinweise auf einen Defekt können ein lautes Klappern im Motorraum nach dem Kaltstart sein, aber auch ein Ruckeln des Motors in einem bestimmten Drehzahlbereich, wie es in diesem Fall beschrieben wird. Diagnosetechniker Sreten Colakovic hat jedenfalls aus diesem Diagnosekrimi seine Lehren gezogen. Als drei Tage später ein Audi A3 mit den gleichen Symptomen in seine Werkstatt kam, wusste er gleich, was zu tun war…